Selbstorganisation
der Häftlinge und die Lagerbefreiung
Französische Häftlinge
fotografieren das gerade erst zwei Tage zuvor befreite KZ-Lager Falkensee. Die
Aufnahme vom 28. April 1945 wurde in Erinnerungsberichten ehemaliger
französischer Häftlinge am 26. April 1973 veröffentlicht. Quelle: Archiv
Museum Falkensee
Zur Organisation
der KZ bediente sich die SS sogenannter, oft deutscher, Funktionshäftlinge, die
im Lager unterschiedlichste Aufgaben übernahmen und die Befehle der SS umsetzen
sollten. Im Laufe des Krieges wuchs der Personalmangel bei der SS an und die Bedeutung
dieser Häftlinge stieg. Zunehmend kamen politische Häftlinge in solche
Positionen und konnten so das Lagerleben stärker beeinflussen. Eine eigenständige
illegale Struktur der Häftlinge war das internationale Lagerkomitee, das in
Falkensee zunächst von Christian Mahler und später von Max Reimann, beide
deutsche Kommunisten, geleitet wurde. Sie und ihre Mitstreiter leisteten im
April 1945 einen entscheidenden Beitrag zur Lagerbefreiung ohne Tote und
Blutvergießen. Als das Stammlager
Sachsenhausen den Befehl zur Auflösung des Lagers Falkensee gab, überzeugten
sie den Kommandanten Ernst Kannenberg, das Lager nicht zu räumen. Tage zuvor
hatten die Falkenseer Häftlinge sehr geschwächte, kranke und leidende Menschen
im Lager gesehen, die auf dem Weg von Lieberose nach Oranienburg in Falkensee
Station machten. Das Entsetzen unter den Häftlingen in Falkensee war groß. Als
Vorsitzender des Lagerkomitees versuchte Max Reimann Kontakt zur Roten Armee
aufzunehmen, damit das Lager nicht zum Kriegsschauplatz würde. Am 26. April 1945
trafen die ersten Sowjetsoldaten im Lager ein. An ebendiesem Tag begann der
damalige Häftling Bruno Schultz sein Tagebuch: „Donnerstag, am 26. April 1945
mittags. 11:30 Uhr frei zum Lager hinaus, nachdem am 25. die Lagerbewachung
ihre Posten verlassen
hatte."
So lautete nach
einem Erinnerungsbericht des ehemaligen Häftlings Gustav Buttgereit aus dem
Jahr 1975 der Beschluss des Internationalen Lagerkomitees. Quelle: Archiv
Museum Falkensee Leumundsschreiben
ehemaliger Häftlinge vom 24. April 1945 für den letzten Falkenseer
Lagerkommandanten Ernst Kannenberg. Zu den Unterzeichnern zählen Max Reimann,
Mitglied des Internationalen Lagerkomitees und späterer KPD-Vorsitzender der
Bundesrepublik Deutschland und der französische Häftlingsarzt Dr. Breitmann.
Abgebildet ist eine notariell beglaubigte Abschrift. Quelle:
Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep. 161, Objekt 4, ZB 2969 Tagebuch von Bruno
Schultz, erste Seite aufgeschlagen: Am 26. April 1945, dem Tag der Befreiung
des Lagers, begann Bruno Schultz seine Tagebuchaufzeichnungen. Quelle: Archiv
Museum Falkensee