Das Landjugendheim
Ein Ort der Erinnerung!
Das Landjugendheim in Falkensee-Finkenkrug von 1922 -
1950
Hier lebten und wirkten Anna von Gierke, Alice Bendix und
Isa Gruner. Während des Nationalsozialismus boten sie jüdischen Mitbürgern
Schutz vor Verfolgung und Diskriminierung
Anna von Gierke (1874 -1943) und das Landjugendheim in
Finkenkrug
Ein verwildertes Grundstück am Havelländer Weg, darauf
ein vom Blitz getroffenes Gartenhäuschen, so begann 1922 die Landjugendheim
GmbH der Anna von Gierke. Die Sozialpädagogin und Gründerin mehrerer sozialer
Bildungs- und Kindereinrichtungen in Berlin konnte zu diesem Zeitpunkt auf eine
dreißigjährige Berufserfahrung auf dem Gebiet der sozialen Arbeit mit Kindern
zurück blicken.
Gemeinsam mit Isa Gruner und Alice Bendix hatte sie in
Falkenhagen auf einem ca. 15 Hektar großen Gelände das Landjugendheim
etabliert. Es war zugleich ein Heim für Erholung suchende Kinder und
Ausbildungsstätte. Durch die Gründung einer GmbH boten sich Chancen der
finanziellen Unabhängigkeit. Das Landjugendheim versuchte frei von staatlicher
Bevormundung, u.a. mit Geflügelzucht und Gärtnerei, sowohl politisch als auch
wirtschaftlich unabhängig zu bleiben.
Im Jahr 1933 enthoben die Nationalsozialisten Anna von
Gierke auf Grund ihrer jüdischen Abstammung aller Ämter. Alle jüdischen
Mitarbeiterinnen wurden entlassen. Anna von Gierke zog sich aus dem
geschäftsführenden Bereich der GmbH zurück, arbeitete aber weiterhin mit. Isa Gruner führte nun im Sinne Anna von Gierkes die
Geschäfte der Landjugendheim GmbH. So blieb es eine Oase für Kinder. In den Jahren ab 1933 wurden hier 15 namentlich bekannte,
elternlose jüdische Kinder versteckt und ihre Ausreise vor allem nach England
organisiert. Zwischen 1945 und 1950 gestaltete Isa Gruner den
Wiederaufbau der sozialpädagogischen Arbeit im Landjugendheim Finkenkrug.
Aufnahme fanden Kinder, deren Eltern im Krieg und in den Konzentrationslagern
umgekommen waren.1950 ging sie unter dem Druck der politischen Veränderungen
mit den letzten Dauerheimkindern nach West-Berlin. Kurze Zeit später wurde in den Räumen des Landjugendheims
ein Kinderheim der Gemeinde Falkensee eingerichtet, welches dort bis 1981
existierte. Die letzten der inzwischen sehr baufälligen Originalbauten der
Landjugendheim GmbH wurden in den 1990er Jahren abgerissen.
1942 sagte sie einer Schülerinnengruppe in Finkenkrug: »Helfen Sie, dass bei uns das Recht wieder maßgebend
wird. Helfen Sie, dass jeder im anderen Menschen wieder seine Würde sieht und
an das Gute im Menschen glaubt.« Foto: Privatbesitz Ihr Lebensinhalt war die Sorge um die ihr anvertrauten
Kinder und Jugendlichen: »So lange in Deutschland noch jüdische Kinder leiden,
denen ich helfen kann, bleibe ich bei ihnen.« Foto: Leo Baeck Institut Ihr Lebensinhalt war die Sorge um die ihr anvertrauten
Kinder und Jugendlichen: »So lange in Deutschland noch jüdische Kinder leiden,
denen ich helfen kann, bleibe ich bei ihnen.« Foto: Privatbesitz, B. Finney v.l.n.r. Anna von Gierke geb. 14. März 1874 in Breslau, gest. 3. April 1943 in Berlin Alice Bendix geb. 13. November 1894 in
Landsberg/Warthe, deportiert am 13. März
1943 nach Auschwitz und dort ermordet Isa Gruner geb. 14. November 1897 in Wilhelmshaven, gest.
20. August 1989 in Berlin
Auf Initiative der Arbeitsgruppe »Landjugendheim
Finkenkrug«, Freunde und Förderer von Museum und Galerie Falkensee e.V., sowie
mit freundlicher Unterstützung der Anna von Gierke - Stiftung Hamburg, der
Firmen Rausch Straßen und Tiefbau GmbH, Reklame Reichelt und Steinmetz Vogel
wurde am 24. Juni 2011 im Beisein von mehreren ehemaligen Bewohnern des
Landjugendheims ein Gedenkstein zu Ehren von Anna von Gierke, Alice Bendix und
Isa Gruner enthüllt.