Gertrud Kolmar in Falkensee -
Finkenkrug
Gertrud
Kolmar, 1928 (Deutsches Literaturarchiv, Marbach) Die Familie Chodziesner im Garten des Finkenkruger
Hauses, 1937 (Nachlass Kolmar, Deutsches Literaturarchiv Marbach). Vorn von links nach rechts: Gertrud Käthe Chodziesner Wurde 1943 nach Auschwitz deportiert und ermordet Hilde Wenzel, geb. Chodziesner Emigrierte 1938 in die Schweiz, wo sie 1972 starb Sabine Wenzel Emigrierte mit ihrer Mutter in die Schweiz und lebt heute
in Südamerika Ludwig Chodziesner Wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert und starb dort
1943 Thea Chodziesner geb. Galliner Emigrierte 1939 nach Chile und starb dort 1943 im Alter
von 39 Jahren Wolfgang (Ben) Chodziesner Emigrierte mit seiner Mutter nach Chile, lebte später in
Australien und starb dort 2018 Hinten von links nach rechts: Peter Wenzel Wanderte 1953 nach Brasilien aus und starb dort 1961 Margot Chodziesner Emigirierte 1939 nach Australien, dort starb sie 1942 Georg Chodziesner Emigrierte 1939 nach England. Er starb 1981 in Sidney
„…Ach, ich möchte zuweilen meinen Mantel anziehen, meinen
Hut aufsetzen und fortwandern, weit weit fort. Und ich denke jetzt öfters
daran, daß ich, wenn erst einmal Schnee fällt, nach Finkenkrug fahren und dort
bei Mondschein, wie ich es früher tat, im Walde herumstapfen könnte; zugleich
aber weiß ich schon, daß ich diesen Plan nicht ausführen werde…" Brief Gertrud Kolmars an die Schwester Hilde Wenzel.
Berlin, den 13. Dezember 1939
Leben und Werk
Die Lyrikerin Gertrud Kolmar (1894-1943) lebte in den
Jahren von 1923 bis 1939 im Haus ihrer Eltern in Falkensee-Finkenkrug. Die
Villa an der damaligen Manteuffelstraße, heute Feuerbachstraße, war von einem
großen parkähnlichen Garten umgeben. In der Schönheit und Abgeschiedenheit des
Ortes entstand fast ihr gesamtes lyrisches Werk. Die Blumen im Garten des
Vaters und die hinter dem Haus beginnende Landschaft mit Kiefern, Sandwegen und
Tieren fanden Eingang in ihre Gedichtwelt. Bis zur Verhaftung durch die Nationalsozialisten im
Februar 1943 schrieb Gertrud Kolmar Erzählungen, Theaterstücke und zahlreiche
Gedichte. Ihr schriftstellerisches Werk konnte mit Hilfe der
Familie gerettet werden. Der Nachlass befindet sich im Deutschen
Literaturarchiv in Marbach und steht für Forschungszwecke zur Verfügung.
Erinnern an Gertrud Kolmar
Dank einer Initiative von Dr. Maria Schaare und Prof.
Kurt Magritz, beide aus Falkensee-Finkenkrug, wurde am 9. September 1979 eine
inzwischen unter Denkmalschutz stehende Gedenktafel für Gertrud Kolmar am
Wohnhaus enthüllt. Im Jahr 2007 verlegte der Künstler Gunter Demnig zwei
Stolpersteine in den Gehweg vor dem ehemaligen Wohnhaus. Sie erinnern an den
letzten frei gewählten Wohnort der jüdischen Familie Chodziesner. Am 1. Oktober 2011 konnte
einer neuen Züchtung des Rosenzüchters Jan D. Janßen vom Vierländerrosenhof in
Hamburg im Beisein der Nichte Gertrud Kolmars, Sabina Wenzel aus Paraty
(Brasilien), der Name „Gertrud-Kolmar-Rose" verliehen werden.
Während die Dauerausstellung im Museum der Stadt Falkensee Spuren aus dem Leben
und Werk Gertrud Kolmars zeigt, bietet der Rosengarten mit der
Gertrud-Kolmar-Rose im Rückraum des Museums die Gelegenheit, das Lebensgefühl
der Dichterin kennenzulernen.
Hg. Von Johanna Woltmann, Göttingen, Wallstein Verlag,
2014
Biografie… 1894 Gertrud
Käthe Chodziesner wird am 10. Dezember 1894 als älteste Tochter des
Rechtsanwaltes Ludwig Codziesner und seiner Frau Elise, geborene Schönfließ, in
Berlin-Mitte geboren. 1917 Auf
Veranlassung des Vaters erscheint der Band Gertrud Kolmar - Gedichte im Verlag
Egon Fleischl & Co. Das Pseudonym Kolmar leitete sie selbst von der
deutschen Ortsbezeichnung (Kolmar) für den polnischen Ort Chodziesen ab. 1923 Umzug
der Familie in die Kolonie Neufinkenkrug, an die heutige Feuerbachstraße. 1938 Der
Zwangsverkauf der Villa im Dezember 1938. Daraus resultierte der Umzug von
Gertrud Kolmar und ihrem Vater am 21. Januar 1939 in eine sogenannte
Judenwohnung nach Berlin-Schöneberg. 1943 Während
der sogenannten Fabrikaktion wird Gertrud Kolmar am 27. Februar 1943 mit
anderen jüdischen Zwangsarbeitern verhaftet und in ein Sammellager gebracht. Am 2.
März 1943 wurde Gertrud Kolmar mit dem 32. Osttransport nach Auschwitz
deportiert. Ihr Todesdatum ist nicht bekannt. Quellen: Johanna
Woltmann „Gertrud Kolmar - Leben und Werk", Göttingen Wallstein Verlag,
1995 „Gertrud Kolmar - Briefe" Hg. von Johanna Woltmann,
Göttingen, Wallstein Verlag, 2014 Kurt Magritz: Für Gertrud Kolmar, Farbige Skizze, 25 x 34
cm, Anfang der 1970er Jahre (Privatbesitz).